l_inside_saeule1 Inside Projekt - Projektteile - Teil 1: Sozialraumorientierung;

Teil 1: Sozialraumorientierung erwartungswidrig guter Schulen

Der erste Teil des Projekts konzentriert sich auf die Sozialraumorientierung von Schulen, die in einer herausfordernden Lage situiert sind, aber dennoch gute Schulleistungen vorweisen können. In der einschlägigen Literatur finden sich diverse Begriffe zur Beschreibung dieser Gebiete: Stadtviertel mit besonderem Entwicklungsbedarf, Herausfordernde Lagen, Quartiere mit besonderem Erneuerungsbedarf, problembehaftete Quartiere, soziale Brennpunkte etc. Es ist zu beobachten, dass der zuletzt aufgeführte Begriff aufgrund seiner negativen Konnotation in jüngerer Zeit vermieden wird (vgl. Häußermann 2001: 38). In der Regel werden die übrigen Termini aktuell synonym für innerstädtische Gebiete verwendet, 

„in denen im Vergleich zu anderen Stadtgebieten überproportional viele Personen wohnen, die benachteiligt sind, weil die Lebensbedingungen ‚schlecht‘ und die Entwicklungschancen ‚gering‘ sind. […] Als Indikator hierfür werden sozialstatistische Merkmale wie staatliche Transferleistungen […], der Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte oder die Qualität des Wohnraumes […] oder eine schlechte soziale Infrastruktur herangezogen“ (van Santen 2011: 45 f; Herv. i. O.).

Die Definition von geographisch determinierten Räumen als ‚sozialer Brennpunkt‘ (oder auch eines ihrer positiv klingender Äquivalente) birgt die Gefahr der Stigmatisierung ihrer Bewohner*innen, weswegen die InSide-Projektmitglieder diese Begrifflichkeiten einerseits zur eindeutigen Benennung nutzen (müssen), aber andererseits die damit verbundenen normativen Konstruktionsprozesse reflektieren.

Sowohl aus empirischer (vgl. Maaz/Baumert/Neumann 2014) als auch aus theoretischer Perspektive (vgl. Bourdieu 2014) ist belegt, dass der Bildungserfolg von Schüler*innen maßgeblich vom familiären Hintergrund geprägt ist. Ein zusätzlicher Risikofaktor stellt der Besuch von Schulen in herausfordernden Lagen dar, in den sich individuelle Belastungsfaktoren in Form von „Kompositionsfaktoren“ (Dumont u. a. 2013) häufen können. Während das familiäre Umfeld außerhalb des Einflussgebietes von Pädagog*innen liegt, sind pädagogische Einrichtungen im Rahmen von Organisationsentwicklungsprozessen so veränderbar, dass diese inklusive Kulturen, Praktiken und Strukturen ausbilden können (Booth/Ainscow 2017). Diese dienen als Grundlage, um Marginalisierungsprozessen entgegen zu wirken und mehr Bildungsgerechtigkeit zu ermöglichen. Schulen in herausfordernden Lagen sind jene „die mit anspruchsvollen Problemkonstellationen konfrontiert werden, welche ihnen hohe Anstrengungen abverlangen und sie bei unzureichenden Problemlöseansätzen in Schwierigkeiten oder in eine kritische Lage, letztlich auch zum Failing oder Scheitern, bringen können“ (Holtappels u. a. 2017: 18 Herv. i. O.). Im Rahmen des InSide-Forschungsprojekts interessieren jedoch gerade jene Schulen, die nicht scheitern, sondern ganz im Gegenteil trotz der Herausforderungen des Sozialraums gute schulische Leistungen vorweisen können (vgl. van Ackeren u. a. 2016: 138). Diese – so die Hypothese dieses Projektteils – scheinen im Rahmen ihrer Schulentwicklungsprozesse Kulturen, Praktiken und Strukturen entwickelt zu haben, die die Lebenswelt der Schüler*innen adressieren und den sie umgebenden Sozialraum im Kontext von Kooperationsbeziehungen mit anderen Akteuren als Ressource wahrnehmen und nutzen.

Forschungsfrage

Wie agieren erwartungswidrig gute Schulen im Sozialraum und welchen Einfluss hat eine Sozialraumorientierung auf den Schulentwicklungsprozess?

Ziele

Sammlung von Methoden und Ansätzen für die Entwicklung einer heterogenitätssensiblen und sozialraumorientierten Schule in herausfordernder Umgebung im Kontext von Organisationsentwicklungsprozessen 

Beschreibung des Vorgehens

Dieser Teil des InSide-Projekts besteht aus drei zeitlich aufeinander folgenden Phasen, die in der folgenden Abbildung überblicksartig dargestellt sind:

  1. Erfassung empirischer Ergebnisse zu erwartungswidrig guten Schulen
  2. Explorative (internationale) Voruntersuchung (Bildungslandschaften in der Schweiz; Integrale Kindercentren in den Niederlanden)
  3. Fallstudie

Empirisches Sampling Fallstudie

In der dritten Phase werden als ‚erwartungswidrig gut‘ identifizierte Schulen im Rahmen einer Fallstudie untersucht und dabei kontrastiert. Das Sampling richtet sich dabei nach den folgenden Kriterien:

Schritt 1: Kriterien für Vorauswahl

  • staatliche Schule
  • Grundschule, Oberschule, Gesamtschule oder Gemeinschaftsschule
  • Lage: Großstadt
  • Schulpreisträger (Dt. Schulpreis, Jakob-Muth-Preis)

Schritt 2: Auswahl nach Standort

  • Arbeitslosenquote
  • Quote Empfang SGB II
  • Ausländeranteil
  • Durchschnittl. Einkommen
  • Wegzugsquote
  • Schulbezirkspflicht

Schritt 3: Identifikation & Validierung als erwartungswidrig gute Schule

  • Abschneiden Landesvergleichstests
  • Übergangsquoten (GS)
  • Abschlussquoten (nicht GS)
  • Klassenwiederholungs-quoten