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Neuigkeiten

26. September 2022

Mitbestimmung – Gibt's das überhaupt`

Podcast zum Thema

Im Rahmen einer vom InSide Projekt begleiteten Projektwoche erkundeten zwei Schülerinnen der 84. Oberschule, wie sowohl die Kinder und Jugendlichen als auch die Lehrpersonen die Chancen der Mitbestimmung an der Schule.

Das Ergebnis kann hier gehört werden: 

26. September 2022

Was heißt eigentlich Mitbestimmung?

Schüler der 84. Oberschule erstellen Erklärfilm

Was bedeutet eigentlich Mitbestimmung? Dieser Frage widmeten sich zwei Schüler der 84. Oberschule und erstellten im Rahmen einer von InSide Mitarbeiter*innen begleiteten Projektwoche einen Erklärfilm. Das Ergebnis gibt es hier zu sehen:

26. September 2022

Ergebnisse aus der Forschung Online

Akteur*innen in inklusiven Kooperationsstrukturen in Stadtvierteln mit besonderem Entwicklungsbedarf - Einblicke in sozialraumorientierte Schule in den Niederlanden und der Schweiz

In Ausgabe 5 des Kölner Online Journal für Lehrer*innenbildung konnten InSide Mitarbeiter Ergebnisse aus dem Projekt präsentieren.

Zusammenfassung:

Der Beitrag fokussiert Schulen, die konzeptionell besonders an den Lebensbedingungen der Kinder in dem sie umgebenden Stadtteil ausgerichtet sind und daher als ‚sozialraumorientiert‘ bezeichnet werden. Auf Grundlage von in Basel und Groningen erhobenen Daten verfolgt der Beitrag die Frage, welche veränderten und neuen Rolle schulischer und außerschulischer Akteur*innen zu beobachten sind. So werden mögliche sozialräumlich und inklusiv orientierte Anregungen für die Lehrer*innenbildung aufgezeigt.

Link: https://journals.ub.uni-koeln.de/index.php/k_ON/article/view/1339

27. Januar 2022

Inspirationen und Irritationen im Umgang mit Vielfalt im isländischen Bildungssystem

Artikel online

Island ist prädestiniert für eine Lern- und Inspirationsexkursion, da hier der Gleichberechtigungsgedanke gesellschaftlich stark verankert ist: es existiert z.B. ein Ministerium für Gleichberechtigung, Männer und Frauen müssen gleich bezahlt werden, bereits 2006 erhielten gleichgeschlechtliche Paare gleiche Rechte wie konventionelle Paare, es gibt eine verpflichtende 40%-Einstellungsquote von Frauen in Führungspositionen und das Thema Gleichberechtigung ist per Gesetz im Lehrplan verankert. Die Stärkung dieser Prämisse hat Auswirkungen auf die Schulen (und alle weiteren Bildungsbereiche), da diese dem Ziel folgen, dass man sich „selbstverständlicher bemüht, niemanden zurückzulassen“ (Merz-Atalik 2014: 37) und somit einen der Kernaspekte inklusiver Pädagogik adressiert (vgl. Reich 2012). So setzt die isländische Regierung seit den 1970er Jahren z.B. auf die Gesamtschule als zentrale Schulform, um Chancengleichheit für alle Schüler*innen unabhängig ihrer sozialen Herkunft oder ihrer Fähigkeiten zu garantieren. Aber auch in den weiteren Bildungsbereichen lassen sich langjährige Entwicklungen und Projekte beobachten, die dem Gedanken der Chancengleichheit und einem menschenrechtsbasierten Zugang zu Inklusion entsprechen. 

Im Beitrag "'Þetta reddast' – Das wird schon. Inspirationen und Irritationen im Umgang mit Vielfalt im isländischen Bildungssystem" werden die Erfahrungen aus Island systematisch dargestellt.

Er ist hier abrufbar: https://www.gew-sachsen.de/aktuelles/detailseite/inspirationen-und-irritationen-im-umgang-mit-vielfalt-im-islaendischen-bildungssystem

09. November 2021

Inklusiv gelebte Schule

Der letzter Tag in Reykjavik (Island Exkursion Tag 5)

Nach unserem letzten Frühstück im Sunna Guesthouse bringt uns der Bus an den östlichen Stadtrand von Reykjavik, wo der Besuch der Salskóli – einer Grundschule von Klasse 1 bis 10 – unsere Island-Exkursion abschließen soll. Das Schulleitungsteam um Hafsteinn Karlsson und Hrefna Björk Karlsdottir führt uns in drei Gruppen durch das Schulhaus.

Auf zwei Etagen lernen die Schüler*innen in sogenannten Häusern, die jeweils Klassenräume für zwei Jahrgänge bieten. Die Kinder eines Jahrgangs lernen in zwei bis drei Gruppen zwischen 20 und 25 Personen, wobei die Klassenlehrkräfte eng kooperieren. Nach fünf bis sechs Wochen werden die Gruppen neu gemischt, sodass neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit entstehen können. Zu jedem Lernhaus gehört mindestens ein Raum, der zur individuellen Betreuung von Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf genutzt wird. Hier arbeiten Sonderpädagog*innen mit ausgewählten Kindern und Jugendlichen. Wer zur Förderung kommt, hängt dabei nicht allein vom diagnostizierten Bedarf ab. Laut Aussage der Lehrkräfte bitten verschiedene Schüler*innen häufig um eine Lerngelegenheit in den Extraräumen oder begleiten ihre Freund*innen, die von den Pädagog*innen dahin eingeladen wurden. Außerdem arbeiten die Lehrkräfte der Schule mit Übersichten, die die aktuellen individuellen Lernbedürfnisse der Kinder farblich erfassen und so eine einfache und schnelle Kommunikation über eventuelle Unterstützungsbedarfe der Lernenden ermöglichen. 

Wir sehen Unterrichtsausschnitte in verschiedenen Klassen und nehmen das Miteinander von Lernenden und Lehrenden als sehr entspannt wahr. Heute ist Pyjama-Tag: Sowohl die Schüler*innen als auch einige Lehrkräfte sitzen in Schlafanzügen in den Zimmern. In einigen Klassen werden anlässlich des heutigen Süßigkeiten-Tages Chips und Gummibärchen gegessen und Filme geschaut. In anderen Gruppen wird gearbeitet – häufig an Ipads, von denen jede*r Schüler*in ein eigenes Gerät am Platz hat. Im Gegensatz zu einigen neu gebauten Schulen, die wir in den vergangenen Tagen besucht haben, wird hier in einem Schulhaus gelernt, das bereits auf eine zwanzigjährige Geschichte zurückblickt. Trotzdem lässt die materielle Ausstattung der Schule kaum Wünsche offen. Eine Lehrerin betreut die sehr gut bestückte Mediathek. Verschiedene und sehr moderne technische Geräte bereichern den pädagogischen Alltag. Bestellt wird eigentlich alles, was vorgeschlagen wird. Wenn den Pädagog*innen die Handhabung der Hard- oder Software noch nicht ausreichend bekannt ist, werden die Schüler*innen als Expert*innen im Umgang mit neuen Medien herangezogen. Und auch die Lernenden werden in ihren Wünschen zur Gestaltung des Schulhauses aktiv einbezogen. So wurde beispielsweise eine alte Abstellkammer in ein Tonstudio verwandelt, das nun für Aufnahmen genutzt werden kann. Die Räume wirken freundlich und individuell, auch wenn die Einrichtung nicht neu ist. Stuhlbeine stecken in aufgeschnittenen Tennisbällen, teilweise werden anderswo ausrangierte Möbel wieder nutzbar gemacht. Finanzielle Ressourcen werden sehr gezielt zur Beschaffung von pädagogischem Material genutzt. Wir sehen mit dieser Schule ein gutes Beispiel dafür, dass Innovation und Inklusion nicht zwangsläufig an eine hohe finanzielle Ausstattung gebunden sind. 

Vielmehr trägt die strukturelle und kulturelle Ausrichtung der Schule zur Schaffung von vielfältigen und differenzierten Lerngelegenheiten bei. Drei Kolleginnen stellen uns vor, was getan wird, damit jede*r den individuellen Stärken entsprechend am Schulalltag teilnehmen kann. Neben der Sprachförderung für Kinder und Jugendliche, deren Erstsprache nicht Isländisch ist, arbeiten Spezialist*innen für den Umgang mit Behinderungen, die in Verbindung mit dem Autismus-Spektrum und der allgemeinen kindlichen Entwicklung stehen, intensiv in multiprofessionellen Teams zusammen, um die Gemeinschaft und gegenseitige Wertschätzung unter allen an Schule Beteiligten zu fördern. Die Lehrkräfte betonen, dass sowohl das Gefühl der Zugehörigkeit als auch das Erkennen und Einbringen individueller Stärken dazu führen, dass Schüler*innen sich beim Lernen wohlfühlen und einander in ihrer Verschiedenheit anerkennen.

Wie jede Schule sieht sich auch die Salskóli mit der Situation konfrontiert, dass nicht alle ausreichend von den curricular verankerten Lernangeboten angesprochen werden. Für die Lernenden, die potentiell oder faktisch von Schulversagen bedroht sind, wurden deswegen Strukturen etabliert, um schwierige Situationen gemeinsam bewältigen und den Weg ins Leben trotz Schulangst, motivationalen Defiziten oder anderen Hürden weiterhin schulisch zu gestalten. Neben dem Programm SPOT ON, für das jedes Jahr einige wenige Schüler*innen ausgewählt werden, deren Lernmotivation durch Exkursionen zu besonderen Orten und die Auseinandersetzung mit über das schulische Curriculum hinausgehenden Inhalten wiederentdeckt werden kann, hält die Schule einen Raum vor, der die Bezeichnung „maker space“ trägt. Hier erfahren Kinder, denen ein Lernen im Klassenunterricht momentan schwerfällt, in handwerklicher Arbeit eine individuelle Begleitung durch einen erfahrenen Kollegen. In einzelnen Lernzeiten bearbeiten die Schüler*innen eigene Projekte, stellen Modell-Fahrzeuge, Möbel oder Textilien her und schaffen sich so außerunterrichtliche Erfolgserlebnisse, die ihren Selbstwert stärken und die spätere Weiterarbeit im Unterricht ermöglichen sollen. In vielen Fällen entstehen hier auch Freundschaften, da die kurze Auszeit von den kognitiven Anforderungen des Unterrichts zur Entspannung beiträgt. Jenseits dieser Angebote werden auch individuelle Lösungen gefunden, um wirklich allen Anwesenden gerecht zu werden. Ein jüngerer Schüler, der eine große Abneigung gegen das schulische Lernen gezeigt hatte, konnte über seine Motivation den Beruf des Kochs zu ergreifen wieder zur Teilnahme am Unterricht motiviert werden. An zwei Tagen in der Woche darf er nun mit in der Schulküche arbeiten. 

Wie an allen Schulen, die wir bisher besucht haben, werden die Pädagog*innen von der Schulleitung direkt eingestellt. Neben den fachlichen Kompetenzen wird insbesondere darauf wertgelegt, welche Einstellung zu Lernen und Gemeinschaft mitgebracht wird. Die Salskóli lebt Werte wie Mut, Offenheit und Vertrauen. Jede*r soll in den individuellen Stärken gesehen werden, Fehler machen dürfen und persönliche Interessen einbringen. Partizipation, Demokratie, Kooperation und Kommunikation stellen zentrale Prinzipien der Zusammenarbeit dar und haben uns eine Schule besuchen lassen, die uns hoffnungsvoll und bestärkt zurücklässt. 

Die Umsetzung schulischer Inklusion hängt ein Stück weit - aber nicht vordergründig - davon ab, wie eine Institution finanziell, materiell und personell aufgestellt ist. Deutlich mehr ins Gewicht fallen jedoch die pädagogischen Überzeugungen der Pädagog*innen, deren Initiative und Mut zur Umsetzung von Kulturen und Strukturen, die von Außenstehenden auch einmal als anarchistisch oder utopisch bezeichnet werden. Die Salskóli hält das aus und hat uns gezeigt, wie ein inklusiver Schulweg aussehen kann.

Nach dem Mittagessen genießen wir zwei Stunden Freizeit in Reykjavik. Als am späten Nachmittag alle Souvenirs besorgt und die bunten Gassen der Altstadt ein letztes Mal durchstreift sind, nehmen wir Abschied von Islands Hauptstadt und machen uns auf den Weg nach Keflavik, wo am nächsten Tag unser Flugzeug zurück nach Berlin starten soll. Beim gemeinsamen Abendessen tragen wir unsere Eindrücke vom Tag und der Woche zusammen. Alle sind sich einig, dass die Teilnahme an dieser Exkursion ein großes Privileg ist und wir unseren Organisatoren Nico und Robert mehr als dankbar für die tolle Erfahrung sind. Wir können uns nach einer Woche voller Einblicke zwar kein abschließendes Urteil über den Stand der schulischen Inklusion in Island erlauben, aber das war auch nicht das Ziel der Reise. Vieles scheint hier gut zu laufen, besser, als die meisten von uns es aus Sachsen kennen. Wir nehmen zahlreiche Ideen für die Praxis und Gedanken zum Weitergrübeln mit. Für uns steht fest: Inklusion ist möglich, auch unter schwierigen Rahmenbedingungen. Sie beginnt in den Köpfen der Pädagog*innen, muss aber auch über die Schule hinaus gedacht werden. Und vor allem braucht ihre Umsetzung Teamarbeit, gemeinsame Visionen und ständigen Austausch. Diese Gruppe hat eine Woche lang intensiv diskutiert. Genau dieser professionelle Austausch ist es, der uns bestärkt und voller kleiner und großer Ideen für Veränderung in unseren Alltag zurückkehren lässt. 

Vielen Dank an euch alle, es war wunderbar!!!

Ein großer Dank für die finanzielle Unterstützung, ohne die diese Reise nicht möglich gewesen wäre, geht außerdem an:

  • die GEW Sachsen,
  • das Bildungswerk der GEW,
  • die deutsch-israelische Gesellschaft, sowie
  • Horbach.

09. November 2021

Neue Schulen für Island

Inklusion in und außerhalb der Schule (Island Exkursion Tag 4)

Am Donnerstagvormittag teilte sich die Gruppe auf zwei unterschiedliche Schulen auf.

Für einen Teil unserer Exkursionsgruppe ging es an die Schule Urriðaholt in Reykjavik. Die Schule wurde vor 3 Jahren neu erbaut und wächst seitdem stetig. 

Auf der unteren Etage der Schule befindet sich der Kindergarten, welcher von 214 Kindern besucht wird. In strukturierten Abläufen bewegten sich die Kinder zwischen kleinen Spielräumen und einer offeneren Fläche. Auffällig war, dass die räumliche Ausstattung für alle Kinder zwischen 1-3 Jahren gleich war. Außerdem standen die Kinder des Kindergartens unter ständiger Beobachtung eines Erwachsenen und hatten kaum Möglichkeiten, sich selbstständig und kreativ auszuleben. 

In der oberen Etage befindet sich Klassenräume für die 99 Schüler*innen der 1. bis 7. Jahrgangsstufe der Urriðaholt Schule. Diese werden in altersgemischten, leistungshomogenen Lerngruppen beschult. Die stellvertretende Schulleiterin teilte uns mit, dass sich in den homogenen Schüler*innengruppen wohl wenige negativen Verhaltensauffälligkeiten zeigen. 

Das didaktische Konzept der Direkten Instruktion bestimmt hauptsächlich den Schulalltag. Es wurde uns hierfür beispielhaft gezeigt, dass die Lehrkraft für alle Schüler*innen eine Einführung in das Themengebiet Europa gab und anschließend individuell nach eigenen Interessen selbstständig eine Mappe, mit selbst herausgefunden Informationen, angefertigt wurde. Wie die stellvertretende Schulleiterin betonte, ist die Sicherungen der fundamentalen Basis von Lerninhalten in dieser Form zentral für die Schüler*innen. 

 

Der andere Teil der Gruppe fuhr in die Schule Stapaskóli, welche in Keflavik liegt. Die Schule besteht aus Kindergarten, Grundschule (1.-10. Klasse), Musikschule sowie Freizeit- und Jugendzentrum. Das circa ein Jahr alte Schulgebäude liegt angrenzend an einer Schwimmhalle, welche vor und nach den Schulzeiten von der Öffentlichkeit genutzt werden kann. In der Sporthalle können ebenfalls Turniere von Sportvereinen des Ortes stattfinden. Auch die Bibliothek sei den Anwohnern des Ortes zugänglich und werde für bspw. Konzerte zur Verfügung gestellt.

An der Schule sind 39 Lehrpersonen und drei Sonderpädagog*innen angestellt, welche im Team Teaching unterrichten. Für das Lehrpersonal sind fixe Zeiten angelegt, in denen Projekte gemeinsam besprochen und geplant werden. 

Die 390 Kinder und Jugendlichen arbeiten ab der 5. Jahrgangsstufe klassenübergreifend (5. + 6. Klasse, 7. + 8. Klasse, 9. + 10. Klasse) in großräumigen und modern gestalteten Klassenräumen zusammen. Dabei können die Schüler*innen frei wählen, wie und wo sie arbeiten wollen: ob auf Stühlen sitzend, bequem auf der Couch oder auf dem Boden liegend. 

Die räumliche sowie technische Ausstattung der Schule ist sehr fortschrittlich und zukunftsorientiert. Die Schulleiterin erklärte uns, dass im Mittelpunkt das Lernen der Kinder und Jugendlichen mit iPads und anderen technischen Geräten stehe. So lernen die Kinder bereits ab der 7. / 8. Klasse den Umgang mit 3D-Druckern und Mini-Robotern, welche von den Schüler*innen selbst programmiert und gesteuert werden. Damit verbunden sehe die Schulleitern eine zentrale Herausforderung, vor denen das pädagogische Personal oft gestellt werden: Der Umgang mit der Technik und das Arbeiten in der sich ständig neu gestaltenden Lernumgebung setzen Interesse, Zusammenarbeit und Zeit voraus. 

Die Leitbilder der Schule (Spaß, Respekt, Kooperation und Freundschaft) wurden in einem Entscheidungsprozess (Lehrer*innen —> Eltern —> Schüler*innen) gewählt. 

 

Am Nachmittag fand sich die Gruppe wieder zusammen, um gemeinsam die Stadtbibliothek Reykjavik zu besuchen. Das Konzept ‚Bibliothek‘ wird nicht nur gedacht als Ort, an dem Bücher ausgeliehen werden können, sondern als offener, demokratischer Raum für alle, der vom Personal wie von den Nutzer*innen aktiv genutzt und mitgestaltet werden kann. 

Die Prinzipien, die die Bibliothek vertritt, um einen solchen Ort zu kreieren, sind:

  • die Teilhabe aller durch Dialoge und gemeinsame Entwicklung von Ideen
  • ein nachhaltiger Gemeinschaftsraum, in der sich alle sicher und respektiert fühlen
  • der barrierefreie Zugang für alle
  • umfreundliche und nutzer*innenorientierte Kulturangebote, welche durch Kollaboration mit anderen städtischen Institutionen entstehen.

 

So befindet sich bspw. im obersten Geschoss der Bibliothek ein Museum mit Ausstellungen von unter anderem lokalen Künstler*innen. Auf mittlerer Ebene ist eine Schreibecke eingerichtet, in der Nutzer*innen sich durch die inspirierende Umgebung auf kreative Schreibprozesse konzentrieren können. Im Erdgeschoss finden regelmäßig offene Treffen zu verschiedensten Themengebieten statt, an dem sich alle Menschen beteiligen können. An diesem Nachmittag gab es einen Dialog zum Thema „Vielfalt und Inklusion in Bildung“, an dem sich unsere Gruppe rege beteiligen konnte.

Um gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen den Ort der Bibliothek als ursprünglichen „Nicht-Raum“ neu zu denken und zu gestalten, werden regelmäßig Klassen von ganz Island eingeladen. Ein wichtiges Augenmerk liegt dabei immer auf ein diverses Angebot von Büchern und Musik von Schriftsteller*innen und Künstler*innen der ganzen Welt. Die Auswahl eines diversen Angebots wird vom Personal gesteuert. Doch auch Kinder und Jugendliche können Wünsche einreichen, welche Bücher und Musik sie in der Bibliothek vorfinden möchten.

Text: Alina Schulte & Mandy Klatt

09. November 2021

Inklusion in allen Facetten

Inklusive Bildung in Schule und Universität (Island Exkursion Tag 3)

Shadhlidarskoli

Am Mittwoch konnten wir als Gruppe vormittags einen Einblick in die Shadhlidarskoli im Großraum Reykjavik gewinnen. Die Schule befindet sich im vierten Schuljahr im Schulgebäude und hat einen großen Sportplatz mit vielfältigen Sportgeräten, einem Spielplatz und einer weitläufigen Schulhofarchitektur.  
Die weitläufige Gestaltung zeigt sich auch im Schulhaus, welches offen, hell und gelb& grünen Farbtönen gestrichen und Designs ist.          
Im Lehrer*innenzimmer war eine gemütliche Sofaecke, Massagesessel sowie ausreichend Platz für kollegialen Austausch gegeben.            
In der Schule sind 330 Schüler*innen sowie ein Kindergarten. Es gibt eine Kooperation mit einer Musikschule. Die Schule ist für 450-500 Schüler*innen geplant - das wird Stück für Stück aufgebaut.         
Das Motto der Schule ist Cooperation, Friendship und Resilience und wird als ein Schmetterling dargestellt. Das Schulmotto ist im ganzen Schulhaus sichtbar und wird auch im Rückmeldesystem ersichtlich.        
In der Schule wird Co-Teaching praktiziert. Es sind zwei Lehrer*innen pro Klasse. Im Schulkonzept wird extra ein extra Zeitslot für die Lehrkräfte eingeplant, in dem gemeinsam Unterricht geplant wird.    
Das Schulgebäude ist weiträumig geplant und verfügt über Werkräume, Küchen, Tanz- und Theaterraum, Schulbibliothek, einem Aufenthaltsraum mit Tischtennis und PlayStation, etc. Die Klassenräume bestehen aus 2 Räumen und einem Differenzierungsraum pro Klasse, die flexibel im Teamteaching genutzt werden können. Die Farbgebung im Schulhaus orientiert sich an den Klassenstufen, die in den jeweiligen Klassenräumen sind.    
Konzeptuell beginnt  die Schule sich am Universal Design of learning zu orientieren und nutzt ein School Management Training. Zudem wird Wert auf Bewegung gelegt, sichtbar an der „Daily Mile“, die Schüler*innen und Lehrkräfte absolvieren.
Besonders hervorgestochen ist der Ansatz, dass die Schule (abweichendes) Verhalten von Schüler*innen mit einem klar vorgegebenen Interventionsrahmen begegnet. Die Schulregeln sind hier orientiert am Schulmotto und durch zugehörige Verhaltensweisen ersichtlich. Auf diese Regeln und Konsequenzen wird stringent hingewiesen.
Die Schulleiter*in hatte die Möglichkeit bereits vor dem Start in der neuen Schule und dem -gebäude eine Vision ihrer Schule innerhalb eines 3-Jahres-Plans zu entwickeln und angestrebte Verhaltensweisen der Schüler*innen in der Schule zu antizipieren und ihre Ideen im Schulgebäude einfließen zu lassen.
Innerhalb der Schule sind Verantwortlichkeiten verteilt. Es wird in einem 5-köpfigen Steuerungsteam gearbeitet. In Treffen mit Eltern werden Inhalte besprochen und die Perspektiven einbezogen. Durch ein anonymes Meldesystem erhalten Schüler*innen die Möglichkeit auf Missstände hinzuweisen und Veränderungen anzustoßen. Deutlich wurde auch, dass die Schule die Belange der LGBTQI-Community mitdenkt. Zu diesem Zweck kooperiert die Schule mit einer entsprechenden Organisation. In der Praxis zeigt sich dies u.A. durch Einzeltoiletten für Schüler*innen jeden Geschlechts.

 

University of Reykjavik

Am Nachmittag hatten wir die Möglichkeit einen Einblick in den Diploma Studiengang „Vocational Studies for People with disabilities“ (in etwa: „Berufsbezogene Studien für Menschen mit sonderpädagogischem Förderbedarf) an der University of Iceland zu bekommen. Hier studieren im aktuellen Semester 8 Menschen. Das Programm befindet sich mittlerweile im achten Jahrgang. Die Studierenden können sich auf verschiedene Bereiche spezialisieren:

  • pre-school Education
  • Leisure Time Education
  • Field of disability studies, advocacy and Empowerment

Mit 15 ECTS pro Semester arbeiten die Studierenden darauf hin, ihr persönliches Ziel einer Anstellung im pädagogischen Kontext zu erreichen. Sie nehmen an regulären Seminaren und Vorlesungen für Studierende der Lehramtsstudiengänge teil. Diese zeichnen sich durch kooperative Lernformen und Austausch zwischen den Studierenden aus. Die Teilnehmer*innen des Studiengangs werden in Bezug auf die Fachinhalte, aber auch darüber hinaus von anderen Studierenden unterstützt.

Im weiteren Verlauf des Tages konnten wir Vorträgen von Dozierenden der University of Iceland folgen. Hier wurde uns zum einen ein Einblick in eine sich entwickelnde Lehrer*innenbildung und Lehrpraxis gegeben, die auf vielfältigen technologischen und methodischen Innovationen beruht. Die Frage, die sich gestellt wird, ist: Was sind die Lehrmethoden der Zukunft? Dieser Frage wird sich intensiv gewidmet, v.a. unter Einbezug der technischen Lebensrealitäten von Schüler*innen. Beispielsweise werden Roboter eingesetzt um hybride Lernsituationen für die Personen in Präsenz und im digitalen Raum zu vereinfachen. Zudem wird methodischer flipped learning, Design thinking, Social Innovation und entrepreneurial Education gearbeitet - Begriffe, die nicht nur genutzt sondern auch tatsächlich mit Inhalt gefüllt werden.
Die universitäre Ausbildung ist im allgemeinen stark digital ausgerichtet. Eine Präsenz ist nur zu mindestens zwei Terminen pro Semester verpflichtend.
Im Anschluss wurde uns das Mentaflettan-Projekt vorgestellt. Der Fokus liegt auf einer professionellen Weiterentwicklung der Lehrpraxis und dem Finden eines Weges um kooperative Lerngemeinschaften zu erschaffen. Durch spezifische Weiterbildungen werden professionelle Lerngemeinschaften (Professional learning Communities) erarbeitet.                                                                                           
Prozessual werden fortlaufend vier Bereiche bedient:

  • Reparation
  • Meeting
  • Learning conversation/ Meeting
  • Daily practice

 

Feminist Walking Tour

Als abschließende inhaltliche Veranstaltung dieses Tages haben wir an einer feministischen Stadtführung teilgenommen. Die Idee dazu entstand, um dem Anspruch entgegenzukommen, dass Inklusion der Weg zur Teilhabe aller diskriminierten Gruppen sein sollte.

Island hat 1915 als eines der ersten Staaten der Erde das Frauenwahlrecht eingeführt und diese führende Rolle in Bezug auf Frauenrechte und gesellschaftliche Rolle der Frau beibehalten. Beispielsweise ist der Gender-Pay-Gap in Island einer der niedrigsten weltweit. Als eines der wichtigsten Ereignisse in diesem Kontext ist der Frauenstreik am24. Oktober 1975 zu nennen, durch den eine Anpassung der Löhne zwischen Männern und Frauen eingeleitet wurde. 

Das isländische Abtreibungsrecht hat Frauen schon früh das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper zugestanden. Auch in Bezug auf die Rechte der Menschen aus der LGBTQI-Community zeigt sich die isländische Gesellschaft sehr fortschrittlich: am Pride-Day nehmen jährlich mehr als 100.000 Menschen Teil (das entspricht knapp einem Drittel der Gesamtbevölkerung des Landes) und mit Jóhanna Sigurðarsdóttir hatte das Land in den Jahren 2009-2013 die erste offen homosexuelle Premierministerin.

Selbstverständlich gab es auch vieles Kritisches zu berichten, beispielsweise von Frauen, die nicht sichtbar gemacht wurden, oder Politikern, die Sitzungen schwänzen, um stattdessen in der Kneipe neben dem Parlament frauenverachtend über Kolleginnen zu sprechen und anschließend ohne ernsthafte Konsequenzen weiterhin dem Parlament angehören können.

Text: Joscha Kukuk & Lucia Staib

28. Oktober 2021

Das Bildungssystems in Island

Schule, Schulamt, Gewerkschaft (Island Exkursion Tag 2)

Am zweiten Tag der Exkursion in Island standen drei Stationen auf dem Plan: der Besuch einer Grundschule, des Schulamts und bei der Lehrer*innengewerkschaft.

Myllubakkaskóli – Grundschule in Keflavik (Klasse 1 – 10)

In dieser Schule mit den Jahrgängen 1 bis 10 lernen 340 Schüler*innen, die von 70 Mitarbeiter*innen – Lehrer*innen und Helfer*innen – begleitet werden. Die Unterrichtszeit geht von 8 bis 13 bzw. 14 Uhr, die Kolleg*innen sind bis 16 Uhr in der Schule, so dass sie Zeit für Kooperation haben. Es besteht zudem eine enge Kooperation mit der Musikschule, so dass viele Kinder Chancen für musikalische Aktivitäten haben. Wegen der Nussallergie eines Kindes ist dies eine nussfreie Schule. Das schulinterne Curriculum orientiert sich am Nationalen Curriculum; hierbei besteht der Wunsch nach konkreteren Hinweisen für Lehr- und Lernziele.

Die Schulleitung bezeichnet zum Beginn des Besuchs das fächerübergreifende Lernen und die Teamentwicklung als größte Herausforderungen dieser seit 1952 bestehenden Schule. Auch bestehe ein Raumproblem, so dass die Schule einen Jahrgang in Container auslagern muss.

Die Schule versteht sich als ‚Schule für alle‘; dabei weist sie, wie beim Rundgang in Kleingruppen deutlich wird, eher additive Elemente auf, die dazu führen, dass Förderung bei Schüler*innen mit spezifischen Bedarfen in eigenen Räumen oder abgeteilten Bereichen stattfindet, etwa bei Lern- und Verhaltensproblemen oder Isländische als Zweitsprache. Dabei können sie z.B. im 2. Jahrgang bis zu je sechs Wochenstunden in Mathematik und Isländisch im sonderpädagogischen Raum gefördert werden. 

Die Schule insgesamt hat ein „behavioral program“ entwickelt, in dem die Elemente Respekt, Verantwortung und Gleichheitleitend sind, die im Unterricht – ebenso wie die Kinderrechte – immer wieder thematisiert und spezifiziert werden. An vielen Wänden finden sich neben den Kinderrechten hierzu motivierende Plakate, die durch die Kunstlehrerin gestaltet wurden.

Die gesamte Schule nimmt einen Monat lang an einem landesweiten Projekt teil, in dessen Rahmen nach und nach alle Kapitel eines Kinder- und Jugendbuchs publiziert und aufgearbeitet werden. Hierin eingebettet ist ein Projekt mit einem beliebten Computerspiel, in dem der Ort des Geschehens nachgebaut wird.

Skóla- og frístundasvið – Schul- und Jugendamt der Stadt Reykjavik

Am Nachmittag fanden zwei Präsentationen mit anschließender Fragerunde mit den beiden zuständigen Referentinnen für den Kindergartenbereich und die Pflichtschulzeit statt, bei der auch deutlich selbstkritische Aspekte thematisiert wurden. Das Schul- und Jugendamt von Reykjavik ist – wie alle Kommunen – zuständig für die Preschool (Kindergarten, 1 – 6 Jahre) und die Primary School (Klasse 1 – 10, 6 – 16 Jahre). Diese Stufen sind inklusiv strukturiert und basieren, wie auch im Nationalen Curriculum (2011) festgelegt, auf sechs Säulen: Gleichheit und Gerechtigkeit, Alphabetisierung, Menschenrechte, und Demokratie, Nachhaltigkeit, Kreativität sowie Gesundheit und Wohlbefinden.

Üblicherweise sind die Kinder in der Preschool von 9 bis 16 Uhr anwesend, in der Primary School von 8 bis 14 Uhr; für Nachmittage stehen Freizeiteinrichtungen zur Verfügung. In den Preschools besteht ein eklatanter Mangel an ausgebildeten Lehrer*innen (5 Jahre Universitätsstudium mit Masterabschluss), ihr Anteil sollte 60% betragen, real liegt er bei 28%.

Das Konzept Sonderpädagogik in der Preschool zielt seit 2009 auf Unterstützung in der Gruppe mit den Schwerpunkten Kooperation und gemeinsame Verantwortung der Teams, die aus Eltern, Lehrer*innen und Service Centers – vergleichbar Beratungszentren – bestehen und auf die größtmögliche Partizipation in der Gruppe zielen. So weit notwendig, wird ein individuelles Curriculum entwickelt. Angestrebt wird ein Übergang von individueller zu systemischer, auf die ganze Gruppe bezogener Unterstützung – auch in der zunehmend pauschalisierten Finanzierung.

In der Primary School zielt die Unterstützung ebenfalls auf die Situation im Klassenverband; lediglich für autistische Schüler*innen gibt es kleine Abteilungen, in die sich die Schüler*innen zeitweise zurückziehen können. Ein Dilemma besteht zudem darin, dass zwei Sonderschulen noch bestehen, in die Schüler*innen (in Krisensituationen) zeitlich befristet oder dauerhaft aufgenommen werden; das Schulamt möchte sie schließen, sie werden aber von Eltern weiterhin nachgefragt.

Kennarasamband Íslands – Isländische Lehrer*innengewerkschaft

Abends wurden wir von der isländischen Lehrer*innengewerkschaft über ihre Einschätzung des aktuellen Standes der Bildung in Island grundlegend und intensiv informiert. Dabei hoben der Präsident und seine Stellvertreterin einerseits die gute Kooperation mit der aktuellen Regierung und der Universität Island hervor, andererseits gab es massive Kritikpunkte an der derzeitigen Lage:

  • In der Preschool gibt es einen akuten Mangel an ausgebildeten Lehrer*innen.
  • Die Altersstruktur der Lehrkräfte wirft massive Probleme für die nächsten 20 Jahre auf – ähnlich wie in Deutschland, insbesondere im Berufsschulbereich.
  • Lehrkräfte in Pre- und Primary Schools werden (von Kommunen) geringer bezahlt als in Secondary Schools (vom Staat), zudem besteht auch in Island das gender pay gap.
  • Island hat im europäischen Vergleich extrem hohe Etikettierungsraten; obwohl sie weniger dramatische Folgen für die Schullaufbahn haben als in Deutschland, wird die implizit transportierte Botschaft, dass an den Kindern etwas ‚falsch‘ ist, als Irrweg angesehen.
  • Die Schule wird den Bedarfen von Kindern mit Isländisch als Zweitsprache nicht hinreichend gerecht.
  • Für Schüler*innen mit hohem Förderbedarf (‚very disabled‘) bestehen kaum inklusive Möglichkeiten für die Berufsbildung, da auch die Arbeitswelt wenig inklusionsorientiert ist.

Positiv wurde dagegen erwähnt,

  • dass um die Jahrtausendwende die meisten Sonderschulen geschlossen wurden,
  • dass Island seit 2008 standardisierte Tests abgeschafft haben,
  • dass zwar vor allem bei jungen Männern die Tendenz besteht, die Berufsschule abzubrechen, es jedoch relativ einfach ist, sie später fortzusetzen (hohe Durchlässigkeit) und
  • die Attraktivität des Lehramtsstudiums aktuell sehr hoch ist.

(Text: Andreas Hinz & Mirjam Viereck)

26. Oktober 2021

Inklusive Bildung in der Kleinstadt

Akranes (Island Exkursion Tag 1)

Der erste Tag einer siebentägigen Exkursion (von denen fünf Tage hier im Blog beschrieben werden) nach Island führte uns in die nördlich von Reykjavik gelegene Kleinstadt Akranes, wo wir im Jugend- und Freizeitzentrum erwartet wurden. Das kommunal gestützte Zentrum stellte uns sein Konzept der sinnvollen Freizeitgestaltung vor. Geöffnet von 8.00 – 22.00 Uhr wird es sowohl von Schulen und Einrichtungen der Stadt als auch von Kindern und Jugendlichen bis 25 Jahre genutzt. Schwerpunkte der Arbeit sind Freizeitbildung, Unterstützung bei Problemen, Vermittlung von sozialen Kompetenzen und das Schaffen von Räumen zur Begegnung. Dabei bilden altersgemäße Spiele, gemeinsames Kochen und Essen, Sport und Theater Brücken zwischen den Kindern und Jugendlichen, die diese Angebote gern annehmen.

Unsere Gruppe teilte sich anschließend in fünf Kleingruppen und besuchte drei Kindergärten sowie zwei Grundschulen (in Island Kl. 1-10). Von den Hospitationen kamen alle sehr inspiriert wieder und berichteten in der anschließenden Reflexionsrunde von ihren Beobachtungen. Positiv auffallend war vor allem die dem Kind zugewandte – inklusive – Haltung von Leitung und Pädagog:innen und die gegenseitige Wertschätzung der jeweiligen Arbeit. Viele Exkursionsteilnehmer:innen berichteten begeistert von offenen Türen, lernfördernden Atmosphären und liebevoll gestalteten Räumen. In allen Einrichtungen fiel auf, dass die Schüler:innen in Geburtsjahrgängen unterrichtet werden. Im Nachhinein stellte sich die Frage, ob es auch Wiederholungen von Klassenstufen u.ä. oder Zurückstellungen gibt. Dies könnte in den nächsten Tagen noch genauer erfragt werden.

(Text: Nadine Labicki & Sylke Seifert)

image Inside Projekt - Aktuelles

30. September 2021

Schule als Orchester

Das Kulturanum in Jena

img_3975 Inside Projekt - Aktuelles

Ende September besuchte ein Teil des InSide Teams die staatliche Gemeinschaftsschule „Kulturanum“ in Jena, Thüringen. Im Jahr 2019 wurde die Schule mit dem Jakob Muth-Preis für inklusive Schulen ausgezeichnet. Grund genug für uns diese Schule vor Ort kennenzulernen, zumal sie in einem herausfordernden Stadtteil liegt und der Ausgleich von Bildungsbenachteiligung daher ein zentrales Thema ist. Getreu dem Leitbild „Das System Schule ist eine konfliktreiche Bühne mit einem großen Orchester, dessen Instrumente immer wieder neu gestimmt werden müssen, damit ein harmonisches Zusammenleben entsteht.“, welches uns bereits im Foyer begegnete, gestaltet das Kulturanum seinen Schulalltag.

Das Kulturanum verfolgt das Ziel, einen gemeinsamen Lebens- und Lernraum für alle Schüler*innen zu bieten. Dies gelingt durch  jahrgangsübergreifendes und projektorientiertes Lernen im inklusiven Setting. Die Schule weist zudem eine der höchsten Integrationsquoten des Bundeslandes auf und sieht sich seit der ersten Stunde als inklusiver Lernort, der das Ziel hat, Kinder im umgebenden Sozialraum zu unterstützen.

img_3976 Inside Projekt - Aktuelles

Drei Jahrgänge werden jeweils zusammen auf vier unterschiedlichen Niveaustufen in einer Gruppe unterrichtet. Eine Patenschaft unter den Schüler*innen unterstützt das Ziel des gemeinsamen Lernens. Und so entstehen Situationen wie jene, dass im Projektunterricht Emilie (Name geändert), die gerade erst seit drei Wochen die Schule besucht, sich nicht sicher ist, welche der bildlich dargestellten Wörter auf dem Blatt vor ihr mit einem "A" beginnen. Ohne Kontakt zur Lehrerin aufbauen zu müssen, lässt die Drittklässlerin Judy (Name geändert) kurz ihre Aufgaben liegen und widmet sich geduldig und respektvoll ihrer Klassenkameradin: "Sprich mal das Wort Aaaaaaaaaameise ganz langsam. Kommt da ein 'A' vor?" Nacheinander werden alle Bilder besprochen und anschließend widmen sich die beiden Mädchen wieder ihren Lernmaterialien. Kooperative Situationen wie diese lässt jedes Kind sowohl in die Rolle Lernender als auch Lehrerender schlüpfen erklärt die Klassenlehrerin. Und schließlich erhält sie dadurch die Möglichkeit, andere Kinder individuell zu unterstützen. Damit die mehrstufige Differenzierung nicht zur Überforderung der Lehrkräfte führt, arbeitet die Jahrgangteams eng miteinander zusammen und bereiten z.B. Projektthemen gemeinsam vor. So wird an diesem Morgen in verschiedenen Gruppen parallel das Thema 'Äpfel' bearbeitet.

Schüler*innen werden regelmäßig angehalten, ihren eigenen Lernprozess zu reflektieren. Am Ende jeder Lerneinheit tragen sie dafür in ihr 'Logbuch' ein, was sie gelernt haben. Das Logbuch ist quasi ein von der Schule entworfenes Hausaufgabenheft – nur dass dort keine Hausaufgaben eingetragen werden. Diese gibt es nämlich ebenso wie Noten (bis Klasse 6) nicht. Stattdessen ist im Logbuch Platz neben den Lernfortschritten u.a.  die eigenen wöchentlichen Lernziele zu notieren, Feedback der Lehrkraft zu lesen oder in dafür vorgesehenen Feldern die Kommunikation mit den Eltern zu unterstützen. So entsteht über das Schuljahr hinweg eine ausführliche Dokumentation des Lernprozesses, die aussagekräftiger ist als jede Note.

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Kulturelles Lernen wird seit Gründung der Schule vor zehn Jahren in den Mittelpunkt gestellt. Jede der heterogenen Lerngruppen ist dabei benannt nach dem Namen eines Musikinstrumentes: Die Blasinstrumente (Jahrgang 1-3), die Schlaginstrumente (4-6), die Streicher (7-9) sowie die Tasteninstrumente. Das kommt nicht von ungefähr, denn jedes Kind lernt in der Schule ein Instrument. Dass dies auf einem hohen Niveau geschehen kann, wird durch die Kooperation mit Akteuren aus dem Sozialraum sichergestellt und so begegnen auch Kinder aus Familien, die musikalische Förderung nicht im Fokus sehen, der Musik.

Das Kulturanum ist ein eindrückliches Beispiel für eine 'lernende Organisation', also eine Schule, die mit einer Vision gestartet ist und seitdem kontinuierlich sowie selbstreflektierend die eigenen Praktiken und Strukturen weiterentwickelt.

Ein großes Dankeschön richten wir noch einmal an die Schulleitung des Kulturanums, die uns sehr herzlich willkommen geheißen haben! Wir konnten viele neue und spannende Einblicke erhalten und freuen uns auf weitere Erfahrungen dieser Art. 

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Ein Forschungsprojekt des Instituts für Förderpädagogik der Universität Leipzig.

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Das Projekt wird finanziert durch Steuermittel auf Grundlage des von den Abgeordneten des sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts.

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